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koernerauguste
Augustine
Körner
22.10.1910
St. Pölten
15.06.1942
Maly Trostinec
Verkäuferin
Herrengasse 3, St. Pölten
Am 10. Mai 1940 Zwangsumsiedlung in die Herminengasse 6, Wien 2; am 9. Juni 1942 nach Maly Trostinec deportiert
Jakob
Klara
Kohn - Langinger


Steine der Erinnerung

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Klara Chana Körner und ihre Tochter Auguste

„In dieser Richtung verweise ich darauf, dass ich während meines 35jährigen Aufenthaltes in Oesterreich mich niemals irgendeiner unerlaubten oder unmo­ ralischen Handlung schuldig gemacht habe, vielmehr vollständig unbescholten bin, mich immer wohl verhalten habe und bei der Bevölkerung von St. Pölten beliebt und gut beleumdet bin. [...] Ich bitte Sie demnach anzuerkennen, dass meine heutige Eingabe nicht etwa mutwillig oder ohne Not erfolgt.“ (Klara Körner an die Vermögensverkehrsstelle in Wien, 14. 3. 1939)

Klara (auch: Clara) Chana Körner, geb. Kohn-Langinger, wurde am 14. Juli 1879 in Sambor (Galizien) als Tochter von Anschel Isser und Rifka Langinger ge- boren. 1906 heiratete sie in Wien den am 28. Jänner 1877 geborenen Jakob Körner aus Bolechiv (Galizien). 1907 kam noch in Wien Sohn Alfred zur Welt, 1910 bereits in St. Pölten Tochter Augustine „Gusti“ Golda und 1914 Margarete „Grete“. In diesem Jahr erwarb das Ehepaar zu gleichen Teilen das Nachbar- haus von Jakobs Bruder Julius in der Herrengasse 3 und betrieb gemeinsam einen Handel mit Bekleidung. Klara war gelernte Schneiderin und gab 1938 in ihrem Auswanderungsbogen neben deutschen auch ruthenische (ukrainische), polnische und tschechische Sprachkenntnisse an.

Ihr Mann starb am 28. April 1936 und ist am Neuen jüdischen Friedhof in St. Pölten begraben, die hebräische Inschrift auf seinem Grabstein würdigt ihn als bedeutenden, wohltätigen und gelehrten Mann. Klara führte das Geschäft alleine weiter, ihre Töchter arbeiteten im Verkauf. Alle drei Geschwister waren in ihrer Freizeit überaus engagierte Mitglieder des in St. Pölten sehr aktiven zionistischen Vereins Betar.

Bereits im Oktober 1938 wurde Klara Körners Geschäft liquidiert und sie musste, wie sie in mehreren Eingaben an die Vermögensstelle schrieb, in ihrer finanziellen Notlage auf die Ersparnisse ihrer Töchter zurückgreifen. Im Ansuchen um Reduzierung der Vermögensabgabe vom 14. März 1939 wies sie auf ihre schwierige Lage hin: „Ich bin 60 Jahre alt und vom Leben mehr als herge- nommen, krank und leidend und in juristischen Dingen nicht bewandert.“ Ihre Einwände gegen die behördlichen Schikanen waren allerdings sachlich gut argumentiert und durchaus streitbar, brachten aber in Anbetracht der beabsichtigten „Liegenschaftsentjudung“ keinen Erfolg.

Alfred „Fredl“ hatte ein Jusstudium absolviert und war Rechtsanwaltsanwärter. Am 22. August 1938 heiratete er in St. Pölten Eugenie Schrötter aus Bielsko (Polen) und konnte mit ihr im Mai 1939 in die USA entkommen, seiner Schwes- ter Grete, später verheiratet Linial, gelang im Oktober 1939 die Einwanderung in Palästina/Erez Israel. Es ist zu vermuten, dass Gusti ihre Mutter nicht alleine zurücklassen wollte.

Ihr Haus verkaufte Klara Körner erst am 5. Februar 1942, also vier Monate vor der Deportation, an die Sparkasse der Stadt St. Pölten. Den viel zu niedrigen Verkaufspreis von 10.000 Reichsmark – ein älteres Gutachten hatte 44.000 Reichsmark geschätzt – erhielt sie allerdings nicht. Ihre lange hartnäckige Weigerung kommentierte der Treuhänder des Hauses, Rechtsanwalt Dr. Franz Walter Wohlrab, in einem Schreiben vom 24. Juni 1940 an den Reichsstatthalter in Niederdonau: „Die jüdische Eigentümerin begründet ihre Weigerung, den Kaufvertrag zu unterzeichnen, mit der Begründung, dass ihr der Kaufvertrag zu niedrig sei. [...] In Wirklichkeit rechnet die Jüdin, genau so wie ihre Nachbarn Wulkan, noch immer mit der Niederlage des Reiches.“

Laut Wohlrab lebte Klara Körner ab Mai 1940 in Wien 2, Komödiengasse 6/10. Im Mai 1941 wohnte sie mit Gusti jedenfalls in Wien 2, Herminengasse 6/3, der letzten Adresse von 142 Opfern der Shoah. Gusti musste für die Warenvertriebsgesellschaft („Wages“) in Wien 2, Praterstraße 8, Zwangsarbeit leisten. Mutter und Tochter wurden am 9. Juni 1942 nach Maly Trostinec südlich von Minsk deportiert und sofort nach der Ankunft am 15. Juni erschossen oder vergast. An dieser Vernichtungsstätte wurden mehr als 13.000 als jüdisch verfolgte Österreicherinnen und Österreicher ermordet.

Am 10. September 1946 schrieb Grete Linial von Haifa „An das St. Pöltner Bürgermeisteramt: [...] Meine Mutter wurde deportiert und ich bitte, meine An- meldung wegen Wiedergutmachung entgegenzunehmen beziehungsweise weiterleiten zu wollen.“ Im Antrag auf Rückstellung wurde sie von Dr. Egon Morgenstern vertreten. Am 13. November 1947 entschied das Kreisgericht, dass die Sparkasse das Haus restituieren und die Prozesskosten übernehmen müsse. Wie ihre Cousine Nelly Seidler ließen auch Alfred Körner und Grete Linial auf dem Grabstein ihres Vaters die Namen von Mutter und Schwester verewigen, gaben aber nach damaligem Wissensstand als Todesort Theresienstadt an. In Israel sorgte Grete dafür, dass die früheren Mitglieder des Betar St. Pölten miteinander in Kontakt blieben. „Sie war unser Minister, sie hat alles zusammengehalten“, so Zvi Gol, früher Hermann Hahn, in einem Interview mit Martha Keil 1997.

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