Steine der Erinnerung

Charlotte Kela Kohn
„Angestellte, zu sorgen für sich und teilweise für Nichte und deren Mann, be zieht Reichsmark 6. wöchentliche Arbeitsunterstützung, Karte abgenommen, RM 18. von der hiesigen IKG, und Reichsmark 5,33 vom hiesigen Frauenverein im Monat Unterstützung. Wohnung gekündigt, Zins RM 13,33 im Monat, drin gende Notlage gegeben.“ (Liste der vom Fürsorgeamt der IKG St. Pölten Unter stützten, vermutlich Juli 1938)
Charlotte, mit jiddischem Namen Kela, Kohn wurde am 23. Mai 1891 in St. Pölten als Tochter von Leopold Elchanan Kohn und Sali, geb. Gelbkopf, geboren. Von ihrem Gehalt als Verkäuferin hatte sie sicher keine Ersparnisse beiseitelegen können, sodass sie der Entzug der Arbeitslosenunterstützung in tiefste Armut stürzte. Sie wohnte an derselben Adresse wie Rosa, die Tochter ihrer Schwester Wilhelmine, die ebenfalls in schwierigsten materiellen und sozialen Verhältnissen lebte. Wilhelmine wurde gemeinsam mit ihrem Sohn Leo im Jahr 2020 ein Stein der Erinnerung gesetzt. Mit ihren bescheidenen Mitteln unterstützte Charlotte ihre Nichte Rosa, die mit dem Hilfsarbeiter Ernst Singer verheiratet und Mutter eines Säuglings war.
Nach einer ersten Zwangsübersiedlung innerhalb von St. Pölten in die Linzer Straße 9 meldete sich Charlotte Kohn am 2. Oktober 1939 nach Wien 2, Konradgasse 4/22 ab. Am 12. Mai 1942 wurde sie in das völlig überfüllte Transit-Ghetto Izbica deportiert. Entweder erlag sie dort den furchtbaren Lebensbedingungen oder einer der häufigen Erschießungsaktionen der Wachmannschaften.