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Emil
Reiß
Reiss
26.01.1903
St. Pölten
26.04.1940
Mauer-Öhling
In der psychiatrischen Abteilung der Landes "Heil- und Pflegeanstalt" Mauer-Öhling ermordet
Moritz
Emma
Kolb


Steine der Erinnerung

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Paul Reiß und sein Bruder Emil
Emil Reiß

„13.9.38: Pflegling hat während der Nacht 1 Hemd, 1 Leintuch, 1 Schutzjacke und 1 Polsterüberzug zerrissen, entschuldigte sich damit, es rege ihn auf, weil gegen die Juden so vorgegangen wird und er keine Hoffnung mehr habe vom Gitterbett hinauszukommen.“ (Krankenakte Emil Reiss, Mauer­-Öhling, NÖLA)

Emil Reiss, Pauls jüngerer Bruder, wurde am 26. Jänner 1903 geboren und war bereits 1921 mit der Diagnose „angeborener Schwachsinn“ in die „Landes­ 'Heil­- und Pflegeanstalt'“ Mauer­-Öhling bei Amstetten in Niederösterreich eingeliefert worden. Aus seiner Krankenakte geht allerdings hervor, dass er sowohl imstan­de war, gegen seine schlechte Behandlung und die allgemeinen Missstände in der Anstalt zu protestieren, als auch die politische Situation realistisch einzu­schätzen. Es ist vermutlich kein Zufall, dass sich nach dem „Anschluss“ sein ag­gressives Verhalten verstärkte und er wochenlang in Zwangsjacke und Gitter­bett verbringen musste. Am 5. Juni 1939 gab er als Grund für seine Unruhe an, dass seine Angehörigen nichts von sich hören ließen – vermutlich wusste er noch nicht, dass seine Mutter mit seiner Schwester Rosa und Familie am 29. Mai nach Shanghai geflohen war. Laut dem Eintrag vom 22. September fragte er oft, „was es mit den Juden noch werden wird, ob sie auswandern müssen“. Sein als Krankheitssymptom diagnostizierter „Vernichtungswahn“ sollte sich als Vorher­sage des kommenden Massenmordes erweisen.

Am 26. April 1940 verstarb Emil Reiss offiziell an Lungentuberkulose und ei­nem Abszess am unteren Brustwirbel. Die Krankenakte vermerkt allerdings seine starke Gewichtsabnahme, obwohl „der Patient sämtliche Speisen zu sich nimmt“. Daher ist anzunehmen, dass er wie die meisten seiner Leidensgenos­sinnen und -genossen nicht ausreichend ernährt wurde. Emil ist eines von mindestens 2.800 Opfern der NS­-Euthanasie von Mauer­-Öhling. Insgesamt wurden im Deutschen Reich unter nationalsozialistischer Herrschaft mindes­tens 200.000 „geistig Behinderte“ ermordet, davon 30.000 in der damaligen „Ostmark“.

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