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Maximilian
Herlinger
15.01.1869
Tucap
Treblinka
Händler
Lederergasse 10
Am 31. März 1939 Zwangsumsiedlung in die Große Schiffgasse 3/AH, Wien 2; am 14. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert, am 21. September 1942 nach Treblinka überstellt
Josef
Anna
Metzl
Ernestine
Schling
Ludwig

 

Steine der Erinnerung

herlingerb1-kopie

 

Maximilian Herlinger, sein Sohn Ludwig mit Berta, geb. Weiss, und Tochter Lilly Mathilde

„Ich bin von Beruf Privatbeamter, mein Vater ist Kriegsinvalide, bin völlig mittellos und seit März 1938 arbeitslos und beziehe RM (Reichsmark) 14,40 pro Woche Arbeitslosenunterstützung. Auch meine Frau besitzt keinerlei Vermögen.“ (Verzeichnis über das Vermögen von Juden von Ludwig Herlinger, 1.7.1938)

Ludwig Herlingers Vermögensanmeldung gibt kein Vermögen an, und auch die seines Vaters Maximilian enthält nur den Satz: „Ich bin Kriegsinvalide, fast gänzlich taub, völlig mittellos. Im Jahre 1937 habe ich insgesamt durch die Vermittlung S 200.– verdient.“ Beide Eingaben wurden von den NS-Behörden mit dem Stempel „Nicht anmeldepflichtig“ versehen.

Maximilian Herlinger wurde am 15. Jänner 1864 in Tucap/Tabor (Böhmen) als Sohn von Josef und Anna, geb. Metzl, geboren. Er war Händler und scheint es nie zu Wohlstand gebracht zu haben. Als er 1901 im alten St. Pöltner Bethaus Ernestine, geb. Schling, heiratete, wohnte er noch in Krems. Bereits zu diesem Zeitpunkt gehörte er der k.u.k. Landwehr an; durch welches Kriegsereignis er seine Taubheit erlitt, ist nicht zu klären.

Am 12. März 1904 wurde Sohn Ludwig, benannt nach dem Großvater mütterlicherseits, geboren und die kleine Familie lebte im selben Haus wie Ernestines unverheiratete Schwester Mathilde Schling in der Lederergasse 10. Mathilde verstarb am 17. März 1928 und drei Jahre später, am 1. März 1931, starb mit 71 Jahren auch Ernestine und wurde im Grab ihrer Schwester auf dem jüdischen Friedhof in St. Pölten beerdigt. Die Inschrift folgt dem traditionellen jüdischen Totensegen: „Ihre Seelen mögen eingehen im Bund des Lebens mit den Seelen aller Frommen und Edlen“.

Im Oktober 1928 heiratete Ludwig in St. Pölten Berta Weiss, geboren am 28. Jänner 1904 in Zabokreky (Slowakei). Ihre am 23. August 1929 geborene Tochter Lilly erhielt im zweiten Namen den ihrer Tante Mathilde; diese Nachbenennung ist ebenfalls ein Hinweis auf die jüdische Verwurzelung der Familie.

Die ohnehin bescheidene wirtschaftliche Lage verschlechterte sich nach dem „Anschluss“ dramatisch. Als Beamter wurde Ludwig Herlinger arbeitslos und auch seine kleine Arbeitslosenunterstützung wurde, wie für alle Juden, im August 1938 gestrichen. Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) St. Pölten unterstützte zwar seinen Vater, doch konnte damit gerade die Miete bezahlt werden. Das hohe Alter und die Gebrechlichkeit seines Vaters hinderten Ludwig, die Auswanderung der Familie zu organisieren. Er ersuchte daher die IKG, Maximilian im Altersheim der Kultusgemeinde Wien in Wien 9, Seegasse 9, unterzubringen, und meldete sich mit Frau und Tochter am 17. September 1938 nach Wien ab. Zumindest Ludwig befand sich bereits wenige Wochen später in Brüssel, denn er ersuchte von dort aus die IKG St. Pölten, ihm ein Leumundszeugnis auszustellen. Diese lehnte ab, denn er hatte sichtlich vor seiner Flucht mit dem Briefpapier der IKG für sich selbst ein Empfehlungsschreiben verfasst. Wann sich die Wege der Familie trennten, ist nicht zu rekonstruieren. Ludwig war jedenfalls im Lager Gurs (Frankreich, nördlich der Pyrenäen) und in Noé (südlich von Toulouse) inhaftiert, bevor er am 28. August 1942 aus dem Sammel- und Durchgangslager Drancy (bei Paris) nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurde. Auch seine Frau Berta und seine Tochter Lilly Mathilde wurden in Auschwitz ermordet. Allerdings wurden sie erst am 31. Juli 1943 aus dem Lager Mechelen (Provinz Antwerpen, Belgien) in das Vernichtungslager deportiert.

Der 70-jährige gehörlose Maximilian Herlinger musste am 31. März 1939 in das improvisierte Altersheim in Wien 2, Große Schiffgasse 3 zwangsübersiedeln. Am 14. Juli 1942 wurde er nach Theresienstadt deportiert und zwei Monate später, am 21. September, nach Treblinka überstellt. Falls er den Transport überlebt haben sollte, wurde er vermutlich unmittelbar nach der Ankunft in die Gaskammer geschickt oder erschossen. In diesem größten der NS-Vernichtungslager wurden zwischen Juli 1942 und Oktober 1943 mindestens 870.000 Menschen ermordet.

 

Maximilian Herlinger, his son Ludwig along with Berta, née Weiss, and their daughter Lilly Mathilde

“I am employed in the private sector, my father is a war invalid, I am complete­ ly without means and unemployed since March 1938, and only receiving RM (Reichsmark) 14.40 per week in unemployment benefits. My wife also doesn’t own any assets.” (Jewish Property Register filled out by Ludwig Herlinger, 1. 7. 1938)

Ludwig Herlinger’s property register lists no assets, while that of his father Maximilian contains only the sentence: “I am a war invalid, almost completely deaf, and entirely without means. In 1937, I earned a total of 200 S[chilling] through the unemployment agency.” Both entries were marked by the Nazi authorities with the stamp “no registration required”.

Maximilian Herlinger was born on 15 January 1864 in Tucap/Tábor (Bohemia) to Josef and Anna, née Metzl. He was a merchant, but never seems to have achieved prosperity. When he married Ernestine, née Schling in the old St. Pölten temple in 1901, he was still living in Krems. At this point, he was already enlisted in the k. u. k. Landwehr, the imperial territorial army, though it is unknown in the course of which wartime events he lost his hearing.

On 12 March 1904, his son Ludwig was born, who was named after his maternal grandfather. The small family lived in the same house as Ernestine’s unmarried sister Mathilde Schling in Lederergasse 10. Mathilde passed away on 17 March 1928, followed three years later, on 1 March 1931, by Ernestine, who was then 71 years old and was buried in her sister’s grave in the Jewish cemetery of St. Pöl- ten. Their inscription bears the traditional Jewish epitaph: “May their souls be bound in the bundle of life with the souls of all the pious and noble”.

In October 1928, Ludwig married Berta Weiss in St. Pölten. Bertha was born on 28 January 1904 in Zabokreky (Slovakia). Their daughter Lilly, who was born on 23 August 1929, received the second name Mathilde after her aunt, this naming practice reflecting the family’s Jewish roots.

The family’s already modest economic situation deteriorated dramatically following the “Anschluss”. Ludwig Herlinger became unemployed and his meager unemployment benefits were cancelled in August 1938, as they were for all Jews. While the Jewish community organization in St. Pölten did support his father, this support only covered the rent. His father’s old age and infirmity prevented Ludwig from organizing the family’s emigration. He therefore asked the Jewish community organization to accommodate Maximilian in the retirement home of Vienna’s Jewish community organization in Seegasse 9 in Vienna’s ninth district. On 17 September 1938, Ludwig and his wife and daughter de-registered to Vienna. Ludwig, if not the others, traveled to Brussels a few weeks later, from where he asked the Jewish community organization in St. Pölten to issue him a character reference. His request was denied since he had written himself a reference using the community’s letterhead shortly before his escape. It can no longer be reconstructed at what point the family parted way. In any case, Ludwig was later interned in the Gurs camp in France (north of the Pyrenees) and in Noé (south of Toulouse) before he was deported on 28 August 1942 from the Drancy collection and transit camp (near Paris) to Auschwitz, where he was murdered. His wife Berta and daughter Lilly Mathilde were also murdered in Auschwitz. They were deported there later, on 31 July 1943, from the Mechelen camp (Antwerp Province, Belgium).

Maximilan Herlinger, at 75 years of age and deaf, was forced to relocate to the retirement home in Große Schiffgasse 3 in Vienna’s second district on 31 March 1939. He was deported to Theresienstadt on 14 July 1942, from where he was transferred to Treblinka on 21 September. If he survived the transport, he was presumably murdered in the gas chambers or shot dead immediately upon arrival. At least 870,000 people were murdered in Treblinka, the largest of the Nazi extermination camps, between July 1942 and October 1943.

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