
Lebte in „Mischehe"; Am 3. August 1938 Umsiedlung nach Wien 20, am 4. Jänner 1939 Flucht nach Shanghai über Triest; Von April 1939 bis August 1940 arbeitete Dr. Leo Willner im Missionsspital Shanghai
Heinrich
Olga
Sohr
Dr. Willner promovierte 1906 in Wien, arbeitete dort im Stephanie-Spital und war ab 9. September 1912 Facharzt für Gynäkologie in St. Pölten. Seine nicht-jüdische Frau Franziska lernte er noch in Wien kennen. Am 9. Oktober 1913 heiratete das Paar in Wien, da in St. Pölten der Rabbiner Dr. Schächter die Trauung auf Grund der Verschiedenheit der Religionsbekenntnisse verweigerte.
Im Ersten Weltkrieg diente Dr. Willner in der k.u.k. Armee und wurde mit dem Franz-Joseph-Orden ausgezeichnet. Das Ehepaar Willner wohnte in der Linzerstraße 1. Die einzige Tochter Olga kam 1920 zur Welt. Als sie zehn Jahre alt war, ließ sich ihr Vater taufen:
„Ich glaube nicht, daß es eine Glaubenssache war, vielleicht, damit ich es leichter haben soll. […] Und es war eines: Mein Vater ist nach der Ordination nachmittags immer ins Domcafe Tarock spielen gegangen und der Dompfarrer Weber war sein Tarockpartner. […] Dem hat er gsagt, er möchte sich taufen lassen, da hat er ihm den Katechismus gegeben, »Lesens Ihna des durch«, hat er gsagt, »und dann moch ma des«.“
Als im März 1938 Hitler auf dem Weg nach Wien in St. Pölten halt machte, ist er „an unserem Haus vorbeigezogen mit dem Auto, und am Riemerplatz stand das Volk und brüllte den ganzen Tag »Ein Volk, Ein Reich, Ein Führer«. Wir haben halt die Fenster fest zugemacht. […] Der Vati ist nie zum Straßenwaschen geholt worden. Ich weiß noch, wie er gsagt hat: »Wenns mich holen, häng ich mir den Franz-Joseph-Orden um«, aber er ist nicht g’holt worden, es ist ihm nichts passiert am Anfang in St. Pölten, und wir haben geglaubt, daß doch der Jury…“.
Der nachmalige Gauleiter von Niederdonau, Dr. Hugo Jury, hatte Olga Willner während ihrer Kinderkrankheiten behandelt: „[…] ich hab ihn heiß geliebt, er hat mich durch meine ganzen Kinderkrankheiten geschleust, mit Humor und ganz entzückend. Und seine Frau war Patientin bei meinem Vater. […] Er hat, glaube ich, die Hand über uns gehalten, denn nach dem Umsturz trifft ihn mein Vater auf der Straße, und der begrüßt ihn »Na Herr Kollege« und legt den Arm um ihn, und mein Vater sagt: »Lieber Herr Kollege, Sie wissen doch, daß ich ein Jud bin.« Hat der gesagt: »Na und? Sie haben ja nix angstellt.«“
Am 15. März 1938 wurde Dr. Willner als Facharzt der Kreiskrankenkasse St. Pölten vom Dienst suspendiert – „Per Telefon, nach 26 Jahren!“ – und hatte seit diesem Zeitpunkt weder als Kassenarzt noch aus seiner Privatpraxis ein Einkommen. Am 3. August 1938 meldete er sich mit Frau und Tochter nach Wien 20 ab.
Im Ersten Weltkrieg diente Dr. Willner in der k.u.k. Armee und wurde mit dem Franz-Joseph-Orden ausgezeichnet. Das Ehepaar Willner wohnte in der Linzerstraße 1. Die einzige Tochter Olga kam 1920 zur Welt. Als sie zehn Jahre alt war, ließ sich ihr Vater taufen:
„Ich glaube nicht, daß es eine Glaubenssache war, vielleicht, damit ich es leichter haben soll. […] Und es war eines: Mein Vater ist nach der Ordination nachmittags immer ins Domcafe Tarock spielen gegangen und der Dompfarrer Weber war sein Tarockpartner. […] Dem hat er gsagt, er möchte sich taufen lassen, da hat er ihm den Katechismus gegeben, »Lesens Ihna des durch«, hat er gsagt, »und dann moch ma des«.“
Als im März 1938 Hitler auf dem Weg nach Wien in St. Pölten halt machte, ist er „an unserem Haus vorbeigezogen mit dem Auto, und am Riemerplatz stand das Volk und brüllte den ganzen Tag »Ein Volk, Ein Reich, Ein Führer«. Wir haben halt die Fenster fest zugemacht. […] Der Vati ist nie zum Straßenwaschen geholt worden. Ich weiß noch, wie er gsagt hat: »Wenns mich holen, häng ich mir den Franz-Joseph-Orden um«, aber er ist nicht g’holt worden, es ist ihm nichts passiert am Anfang in St. Pölten, und wir haben geglaubt, daß doch der Jury…“.
Der nachmalige Gauleiter von Niederdonau, Dr. Hugo Jury, hatte Olga Willner während ihrer Kinderkrankheiten behandelt: „[…] ich hab ihn heiß geliebt, er hat mich durch meine ganzen Kinderkrankheiten geschleust, mit Humor und ganz entzückend. Und seine Frau war Patientin bei meinem Vater. […] Er hat, glaube ich, die Hand über uns gehalten, denn nach dem Umsturz trifft ihn mein Vater auf der Straße, und der begrüßt ihn »Na Herr Kollege« und legt den Arm um ihn, und mein Vater sagt: »Lieber Herr Kollege, Sie wissen doch, daß ich ein Jud bin.« Hat der gesagt: »Na und? Sie haben ja nix angstellt.«“
Am 15. März 1938 wurde Dr. Willner als Facharzt der Kreiskrankenkasse St. Pölten vom Dienst suspendiert – „Per Telefon, nach 26 Jahren!“ – und hatte seit diesem Zeitpunkt weder als Kassenarzt noch aus seiner Privatpraxis ein Einkommen. Am 3. August 1938 meldete er sich mit Frau und Tochter nach Wien 20 ab.