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frischmannelfi
Elfriede
Frischmann
10.11.1933
Wien
Riga
Rathausplatz 13, St. Pölten
31. Oktober 1939 Zwangsumsiedelung nach Dorotheergasse 6, Wien 1; am 26. Jänner 1942 nach Riga deportiert
Geza
Elsa
Kohut


Steine der Erinnerung

frischmann
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Barbara (Betty) Frischmann, ihr Sohn Geza mit Frau Ella und den Kindern Elfriede (Elfi), Charlotte und Moritz

„1.) Bargeldbestand RM [Reichsmark] 1.446,66 – 2.) Spareinlage laut Buch Spar- kasse St. Pölten RM 1.744,20, in Summa RM 3.190,86. Diese beiden Bestände wurden am 17. III. 1938 vom SS Sturm II/3 beschlagnahmt, trotz Ersuchens bis heute noch nicht freigegeben und ist auch der Verwahrungsort unbekannt.“

Diese Angaben über eine – sogar nach Definition der NS-Machthaber illegale – Beraubung unmittelbar nach dem „Anschluss“ machte Betty Frischmann, damals 69 Jahre alt und verwitwet, in ihrem „Verzeichnis über das Vermögen von Juden“ am 14. Juli 1938. Betty wurde als Tochter von Heinrich und Netti Lederer am

17. Dezember 1869 in Nikitsch/Füles, damals Westungarn, geboren. Von ihren acht Kindern erreichten vier das Erwachsenenalter, ein Sohn starb mit drei Jah- ren und drei Töchter mit vier, elf und 25 Jahren. Ihr Mann Moritz Mosche war 1936 mit 74 Jahren verstorben. Mit ihrer Tochter Irene, ihren Söhnen Geza und Julius und deren Familien lebte sie in einem Haushalt. Am 31. Oktober 1939 übersiedelte Betty nach Wien 1, Dorotheergasse 6/13 und wurde am 26. Jänner 1942 in das Ghetto Riga, Lettland, deportiert. Auch andere St. Pöltner Jüdinnen und Juden waren auf diesem Transport – die Deportationen nach Riga dauerten durchschnittlich acht Tage. In Riga wurde durch Erschießen und in Gaswägen gemordet, die Lebensbedingungen waren katastrophal. Ab Herbst 1943 erfolgten Überstellungen in das Zwangsarbeitslager Kaiserwald, ein Stadtteil von Riga. Bettys Sterbetag ist nicht bekannt.

Bettys ältester Sohn Geza Frischmann wurde am 28. Dezember 1897 in Und bei Sopron geboren. Seine erste Frau Elsa, geborene Kohut, starb im Jänner 1936, ihre gemeinsame Tochter Elfriede (Elfi), am 10. November 1933 geboren, war erst etwas über zwei Jahre alt. Gezas jüngere Kinder Charlotte und Moritz stammten aus seiner zweiten Ehe mit Ella Lederer, am 21. März 1904 in Loos- dorf bei Melk geboren. Deren Schwester Hildegard war mit Gezas Bruder Julius verheiratet. Hochzeiten zwischen Mitgliedern der Familien Frischmann und Lederer gehörten seit vielen Generationen zur Tradition. Charlotte wurde am 6. Juni 1938 geboren und erhielt den jüdischen Namen Schendel – in ihrem Geburtseintrag ist der Rathausplatz bereits zum „Adolf-Hitler-Platz“ mutiert. Nur ein Jahr später, am 13. Juni 1939, kam, noch in St. Pölten, Moritz auf die Welt. In Nachbenennung seines 1936 verstorbenen Großvaters erhielt er auch dessen hebräischen Namen Mosche.

Geza Frischmann und sein Bruder Julius führten gemeinsam in der nahen Franziskanergasse 6 ein Textilwarengeschäft. Wie ihre Mutter Betty, ihre Schwester Irene und Julius‘ Frau Hildegard waren auch sie am 17. März 1938 von SS-Männern beraubt worden. Bereits im Juli 1938 hatten sie einen Käufer ihres Vertrauens für ihr Geschäft gefunden und einvernehmlich die „Arisierung“ abgewickelt. Auch Geza, Ella und mindestens zwei der drei kleinen Kinder mussten am 31. Oktober 1939 nach Wien 1, Dorotheergasse 6/13 zwangsübersiedeln. Alle wurden am 26. Jänner 1941 nach Riga deportiert und, wie anzunehmen ist, dort ermordet. Auch ihre Todesdaten sind nicht bekannt. Nur Charlottes Schicksal ist nicht durch Quellen abgesichert: Sie scheint weder in den Hauslisten unter den Bewohner/innen der Sammelwohnung noch auf einer Deportationsliste auf. Eventuell starb sie noch in St. Pölten oder in Wien und ihr Tod wurde nirgends verzeichnet oder der Eintrag ist schwer zugänglich. Es besteht aber auch die geringe Möglichkeit, dass sie einer nichtjüdischen Familie überlassen wurde und so der Vernichtung entgangen ist. Um an ihr Schicksal zu erinnern, wird auch sie zu ihren Geschwistern auf den Stein geschrieben.

Von den deportierten Mitgliedern der Familie Frischmann-Lederer überlebte nur Irene Frischmann, geboren 1899 in Prossnitz. Wie ihre Schwägerin Hildegard wurde sie am 9. August 1944 in das KZ Stutthof bei Danzig überstellt, überlebte den Todesmarsch nach Bromberg im Jänner 1945 und kehrte vor Februar 1946 nach Wien zurück.

Aus: Steine der Erinnerung in St. Pölten I/2018, S.65-72, Hg.: Institut für jüdische Geschichte Österreichs, zu bestellen unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! um 8 € zzgl. Porto
Bilder: Foto von Bernadette Dewald, Porträt von Elfi ca. 1938 von Malvine Rosengarten, ebenfalls aus dem Bildarchiv des INJOEST

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