Steine der Erinnerung

Ida Weinsaft, geb. Allina, und ihre Schwester Natalie
„Meine Witwenpension ist ein Anspruch, der mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis meines am 23.5.1921 verstorbenen Gatten gewährt wurde, welcher Finanzwachoberaufseher war.“ (Ida Weinsaft an die Vermögensverkehrsstelle Wien, 14.12.1938).
Ida, die jüngere der beiden Schwestern Allina, wurde am 12. April 1873 in St. Pölten geboren. Ihr Mann Hermann Hirsch Weinsaft, geboren am 14. November 1862 in Brody (Galizien), starb bereits 1921. In ihrem Schreiben an die Vermögensverkehrsstelle ersuchte sie, ihre Witwenpension, die sicher ihr einziges Einkommen war, nicht für die sogenannte „Judenvermögensabgabe“ heranzuziehen. In ihrer Vermögenserklärung vom 15. Juli 1939 gab sie auch bescheidene Spareinlagen von 386 Reichsmark und als Wertgegenstände „1 Ehering, 1 Uhr, 1 Paar Ohrgehänge“ an.
Am 30. Mai 1939 musste Ida Weinsaft nach Wien 2, Komödiengasse 1/20 zwangsübersiedeln und wurde am 28. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert. Den furchtbaren Lebensbedingungen hielt sie noch fast zwei Jahre stand und starb am 7. Mai 1944. Von den ursprünglich 1013 Menschen auf diesem Transport überlebten 70. Über das Schicksal ihrer einzigen Tochter Herta, geboren am 1. Jänner 1909 in Inzersdorf bei Wien, ist nichts bekannt.
Idas Schwester Natalie, geboren am 3. Mai 1861 in St. Pölten, betrieb in der Prandtauergasse (Kaserngasse) 4 einen „Handel mit Ansichtskarten, Spielkarten, Papierwaren und Nebenwaren für Tabak-Trafik“, welcher am 2. Dezember 1938 geschlossen wurde. Es ist anzunehmen, dass sie ab dann von Idas Unterstützung lebte. Etwas früher als diese, schon am 13. Mai 1939, musste sie nach Wien übersiedeln und wurde wohl aufgrund ihres Gesundheitszustandes in das Krankenasyl Wien 14, Goldschlagstraße 84, eingewiesen.
Dieses ursprüngliche „Springer’sche Waisenhaus für jüdische Knaben“ war im April 1939 als Siechenheim für hunderte ältere, delogierte Menschen eingerichtet worden. Dadurch verloren allerdings 45 jüdische Kinder ihr Zuhause, viele von ihnen wurden in der Shoa ermordet. Im Mai 1940 lebten 130 alte oder chronisch kranke Menschen unter miserablen räumlichen und hygienischen Bedingungen und mit ungenügender medizinischer Versorgung in Kinderzimmern. Von dieser Adresse wurden 106 Menschen deportiert, am 28. Juni 1942 auch Natalie Allina. Schon am 30. November 1942 starb sie in Theresienstadt, offiziell an „Herzmuskel-Entartung“, eine in den Todesfallanzeigen häufig angegebene Todesursache.