A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

reissirma1
Irma
Reiß
Reiss, Reisz
Frank
21.05.1887
Viehofen
Wlodawa
Haushalt
Linzerstraße 13, St. Pölten
29. September 1939 nach Margaretenstraße 52, Wien 4 abgemeldet, später in die Fasangasse 14, Wien 3 übersiedelt; am 27. April 1942 nach Wlodawa deportiert.
Karl
Mathilde
Duschak
Isidor
Harry Adolf
Katharina Edith

 

Steine der Erinnerung

reissi6
reissi2

 

Isidor Reiss und seine Frau Irma, geb. Frank

„Wissen Sie, wohin Ihre Familie deportiert worden ist? – Nein. – Wollen Sie es wissen, soll ich es für Sie herausfinden? – Ja.“ (Abraham Harry Reiss, Interview mit Martha Keil, Kirjat Malachi, Israel, 3. 8. 1997)

Isidor „Isi“ Reiss, am 13. Juli 1875 in St. Pölten geboren, war der einzige Sohn von Adolf Abraham Reiss und Pauline, geborene Kohn. Drei Brüder starben als Kleinkinder, seine vier Schwestern erreichten das Erwachsenenalter. Verheiratet war er mit der am 21. Mai 1887 in Viehofen geborenen Irma, Tochter von Karl Frank und Mathilde, geborene Duschak. Isidor war vielseitig engagiert: Wie die St. Pöltner Zeitung berichtete, gewann er beim Festschießen der Schützenkompanie St. Pölten am 1. Juni 1913 drei Preise. Er diente im Ersten Weltkrieg und im November 1917 unterstützte er die „Aktion zur Rettung der verlassenen Kinder Galiziens“ mit 30 Kronen. Er war Mitglied des „Humanitären Geselligkeitsvereins Frohsinn, St. Pölten“ und als Vorstand der Chewra Kadischa, der Beerdigungsgemeinschaft, hatte er in der Synagoge einen Ehrenplatz.

Schon sein Vater hatte in der Linzer Straße 13 einen Handel mit Konfektionswaren und Getreide gegründet, den Isidor zuerst mit ihm gemeinsam und ab 1921 alleine weiterführte. Isidor war auch Leitungsmitglied im Gremium der Kaufmannschaft St. Pölten – ein angesehener Bürger der Stadt.

Ab 1929 war Irma im Betrieb als Prokuristin tätig und auch sie engagierte sich auch außerhalb der jüdischen Gemeinde. Als Mitglied der Frauenhilfsgruppe des Roten Kreuzes betreute sie Kinder, deren Mütter auswärts arbeiten mussten.

Nach dreizehn Jahren Ehe stellte sich der ersehnte Nachwuchs ein: Die Kinder Katharina Edith, genannt Ditta, geb. 1921, und Harry Adolf, geb. 1922, engagierten sich in der jüdischen Jugend, Ditta im zionistischen Verein Betar, Harry in der sozialistischen „Gordonia“. Harry Reiss bezeichnete seine Familie als „säkular-religiös-traditionell“: „Zum großen Feiertag [Versöhnungstag] sind wir immer in die Synagoge gegangen und haben gefastet. Aber nach dem Fasten hat man Schinken gegessen. [...] Man hat mich erzogen, es gibt Gott, aber nicht fanatisch. Es ist sehr schade, dass das heute anders ist.“

Bereits ein Monat nach dem „Anschluss“, am 11. April 1938, wurde über Isidor Reiss’ Vermögen ein Ausgleichsverfahren eröffnet, am 29. Juni Anton Specht zum kommissarischen Verwalter bestellt und am 5. Dezember wurde die Firma gelöscht. Haus und Grundstück waren am 25. Oktober 1938 vom Nachbarn Josef Franzl „arisiert“ worden, zu einem fairen Kaufpreis, wie er später betonte, der jedoch nicht dem Schätzwert entsprach. Ein Drittel des Erlöses ging allerdings auf ein Sperrkonto und nicht an die unfreiwilligen Verkäufer, die sich, wie am 17. 11. 1938 sogar die Vermögensverkehrsstelle bemerkte, „keineswegs in guten Verhältnissen befinden“. Laut Franzls Angaben wohnte die Familie Reiss noch ein Jahr mit ihm im inzwischen „arisierten“ Haus, bis sie sich am 29. September 1939 nach Wien 4, Margaretenstraße 52 und später nach Wien 3, Fasangasse 14 abmeldete. Von dort wurden Isidor und Irma am 27. April 1942 nach Wlodawa deportiert und entweder gleich bei der Ankunft oder später in Sobibor ermordet.

Harry und Ditta entkamen rechtzeitig, er floh bereits am 4. Oktober 1938 über Triest nach Palästina/Erez Israel, sie am 12. März 1939, genau an ihrem 18. Geburtstag, nach Schottland. Nach dem Krieg bemühte sie sich, von Josef Franzl das Haus zurück zu erhalten, ließ sich aber von seiner Hilfsbedürftigkeit verleiten, auf Entschädigung zu verzichten. Harry hatte seit 1940 nichts von den Eltern gehört und war auch nie offiziell von deren Tod benachrichtigt worden: „Für mich war das ein Trauma. Als Verteidigung hab’ ich mich abgeschlossen. Ich hab’ nicht gewusst, wo St. Pölten ist, ich hab’ nicht gewusst ... ich wollte nicht. Ich hab’ mich nicht erinnert.“

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.