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Jakob
Scheuer
19.08.1876
Schaffa
Riga
Pferdehändler
Dr.-Karl-Renner-Promenade 41, St. Pölten
Am 25. April 1939 Zwangsumsiedlung in die Esslinggasse 15/1/1, Wien 1; am 26. Jänner 1942 nach Riga deportiert


Steine der Erinnerung

scheuer1

 

Jakob und Siegfried Scheuer

„Siegfried Israel Scheuer 24. I. [18]81 zu Schaffa Znaim geb. mit der Angabe deutscher Staatszugehörigkeit, wurde zuletzt aus III, Ditscheinergasse 3/14 am 5. VI. 41 nach General Gouvernement [Polen] abgemeldet. Dessen Staats­zugehörigkeit wurde hier nicht überprüft. I. A. [Im Auftrag] Pfeiffer“. (Mitteilung des Polizeipräsidenten Wien, Abt. II, an die Stadt St. Pölten, 21. 12. 1942)

Die Brüder Jakob und Siegfried Scheuer besaßen miteinander ein „Mietwohnhaus mit Vorgarten“ in der Schulpromenade – heute Dr.-Karl-Renner-Promenade – 41 und betrieben in der Wienerstraße 46 einen Pferdehandel. Beide wurden in Schaffa (Mähren) geboren, Jakob am 19. August 1876, Siegfried am 11. Jänner 1881. Wann sie sich in St. Pölten niederließen, ist nicht bekannt. Beide blieben unverheiratet. Jakob war der Besitzer des Pferdehandels, sein Bruder hatte Kapital eingebracht und arbeitete laut eigener Berufsangabe als „Verkäufer“ bzw. „Angestellter“ mit. Jakob besaß außerdem in unmittelbarer Nähe auf Nummer 33 eine Bauparzelle mit Garten. Am 8. Mai und am 28. Juli 1942 wurde das Eigentumsrecht für diese Liegenschaften „dem Deutschen Reich einverleibt“.

In seinem „Verzeichnis über das Vermögen von Juden“ vom 29. Juni 1938 führte Jakob Scheuer auch ein leerstehendes Einfamilienhaus in Schaffa Nr. 41 an. Mit Barvermögen von über 41.600 Reichsmark, davon allerdings 19.000 RM „Außenstände“, dem halben Pferdehandel, dessen Gesamtwert mit 43.135 RM angegeben wurde, und den weiteren Liegenschaften war er also durchaus vermögend. An Besitz gab er noch „2 Pferde samt Geschirre und 4 Wagen“ sowie „2 goldene Taschenuhren“ an. Daraufhin legte das „Finanzamt Innere Stadt-Ost, Reichsfluchtsteuerstelle für das Land Österreich“, für Jakob eine sofort zu zahlende „Sicherheit“ in der Höhe von 12.700 Reichsmark fest. Das entsprach der Hälfte seines Vermögens, allerdings hatten die darin einberechneten Außenstände und der Wert der Immobilien keine konkreten Erlöse gebracht.

Im Dezember 1938 reichte Jakob Scheuer eine „Veränderung“ ein, „da ich seit April ein Einkommen aus dem Geschäfte nicht mehr hatte und nur aus den Ersparnissen lebte.“ Dadurch verringerte sich sein Vermögen um 1800 Reichsmark. Auch Siegfried ersuchte mit ähnlichen Worten um Reduktion seines zu besteuernden Vermögens an: „Da ich seit April d. J. ein Einkommen nicht mehr hatte und von dem im Geschäfte des Jakob Scheuer befindlichen Anteils lebte.“ Wir haben keine Nachricht, ob die beiden Brüder, die in Wien – ob freiwillig oder erzwungen – nicht miteinander lebten, die Flucht versuchten. Über eine Zahlung der hohen „Reichsfluchtsteuer“ gibt es jedenfalls keine Bestätigung, sodass schon aus diesem Grund die legale Ausreise unmöglich war. Jakob übersiedelte am 25. April 1939 nach Wien 1. Bezirk, Esslinggasse 15/11 und konnte sichtlich später Laura Krausz in die Wohnung holen. Auf der Hausliste, auf der beide verzeichnet sind, ist sie als seine Hausgehilfin angeführt. Noch vor ihr, am 26. Jänner 1942, wurde er nach Riga deportiert.

Siegfried musste am 15. August 1939 zuerst nach Wien 3, Ungargasse 54a und dann in die Ditscheinergasse 3/14, zwangsübersiedeln und wurde am 5. März 1941 nach Modliborzyce bei Lublin in Polen deportiert. Von den 999 Deportierten überlebten nur 13 das Ghetto und die Überfälle der SS. Da die Brüder Scheuer ermordet wurden, konnten sie der Aufforderung des Magistrats St. Pölten vom 8. November 1952, einen Rückstellungsantrag einzubringen, nicht Folge leisten. Sieben Jahre später überschrieb die Finanzlandesdirektion der bisher nur zur Verwaltung bevollmächtigten „Eigenhaus-Betriebsgesellschaft“ in Wien 1, Graben 19, das Verfügungsrecht für das Haus Schulpromenade 41. Diese hatte bereits in der NS-Zeit Transaktionen von geraubten Liegenschaften durchgeführt; im Rahmen der Restitutionen von sogenanntem erblosen Besitz hatte sie nun die Aufgabe, die Erlöse für nicht zurückstellbare Liegenschaften den sogenannten Sammelstellen zu überschreiben. Aus diesem Vermögen unterstützten diese in Österreich lebende NS-Opfer – allerdings erst nach komplizierter Antragstellung. Die weiteren Liegenschaften von Jakob Scheuer wurden nicht verhandelt.

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